Stanislaw Lem: Seine wichtigsten SF Romane

Bild: George Clooney in Solaris (2002)

Eines Tages – nach vielen Jahren als ein Sci-Fi Fan – entdeckte ich noch einen SF Roman von Stanislaw Lem den ich noch nicht kannte: Der Unbesiegbare.

Ich verschlang das Buch förmlich in wenigen Stunden und erinnerte mich an früher als ich öfter Werke von Lem las.


Die wichtigsten Science Fiction Romane von Stanislaw Lem

Ich stellte mir nun die Frage welche dieser Romane zu den wichtigsten Science Fiction Werken des polnischen Autors gehören.

Lem hatte ja auch andere Genres bedient. Er schrieb auch ein Paar Kriminalromane die nur am Rande der Phantastik zugeschrieben werden können.

Diese Auswahl ist zwar meine persönliche, dürfte sich aber großteils mit den Favoriten der Literaturkritik decken.

Mein persönlicher Geschmack ist bei Lem überaus nahe am literarischen Konsens wie mir scheint. Urteilt aber bitte selbst. Ich kann nur Hinwiese liefern.

Diese SF Romane wurden übrigens nicht nur von der Kritik für wertvoll befunden, sondern verkauften sich über die Jahre gut, sowohl in Polen als auch Deutschland und anderswo.


Der Unbesiegbare

Warum hatte ich lange „Der Unbesiegbare“ versäumt? Dieser Roman ist nicht so populär wie andere Bücher von Lem. Das ist ist nicht so ganz leicht nachzuvollziehen. Es ist ein Meisterwerk. Es ist zudem eine sehr treffende Vision der Zukunft.

Der Unbesiegbare ist ein bis an die Zähne bewaffnetes Sternenschiff, das ausgesandt wird um einen fremden Planeten zu besuchen, oder eher zu erobern, auf dem eine vorige Expedition gestrandet ist.

Trotz der weit entwickelten Waffen scheitert auch die zweite Expedition an dem was wir heutzutage wohl eine Schwarmintelligenz nennen würden.

Zudem ist der eklatante Hochmut und Eroberungswille der Menschen der Grund für das Scheitern. Der Roman erinnert ein wenig an „Der Tag an dem die Erde still stand“ da auch hier die Machtfantasien der Menschen von einem Schwarm zunichte gemacht werden.

Vermutlich ist Der Unbesiegbare nicht ganz so beliebt weil es eben die Menschen als unzulängliche Aggressoren darstellt während die Außerirdischen entsprechend einer kaum zu überbietenden Logik über die Menschen siegen. Das will offenbar nicht jede/r hören.


Solaris

Der wohl bekannteste und wohl mit umfangreichste Science Fiction Roman von Lem ist zweifellos Solaris. Warum ist Solaris ein solcher Erfolg geworden?

Solaris – Vorsicht Spoiler – handelt von einem Planeten der als ganzes ein lebendiges Geschöpf ist. Allein die Idee ist für die damalige Zeit grandios.

Wie Lem das für die Menschen damals Undenkbare umsetzt und darstellt ist die eigentliche Stärke der Geschichte. Der Planet versucht zu kommunizieren aber die Menschen sind zu dumm um es als solches wahr zu nehmen. Stattdessen fühlen sich bedroht oder verfolgt. Es ist fast ein Mystery-Thriller wenn es nach heutigen Genres geht.

Solaris ist nicht zuletzt aufgrund der Neuverfilmung mit George Clooney von Steven Soderbergh am Bekanntesten.

Das Buch wurde übrigens bereits zwei Mal verfilmt. Die erste Version von Altmeister Tarkowski aus dem jahr 1972 wird gemeinhin als die Bessere betrachtet obgleich die Effekte natürlich mit heutiger Technik nicht mehr mithalten können. Allerdings setzt die Solaris-Version von 2002 auch wenig auf Effekte.

Ich hatte mir auch mal das Hörbuch von Solaris ausgeliehen wobei das mehr ein Hörspiel war, sehr gelungen und viel näher am Original als die amerikanische Version der Geschichte im Film.

Lem hatte sich ja distanziert von dem US-Film. Ich verstehe auch warum, trotzdem ist der Film immer noch eine Wonne im Vergleich zu den üblichen SF Filmen die aus den USA stammen.


Fiasko

Neben Solaris und Der Unbesiegbare ist ein weiterer Science Fiction Roman von Lem unumstritten ein Klassiker und zwar sein letztes SF Werk in Romanform: Fiasko.

Es ist ein philosophisches Werk und ein Abgesang auf die Menschheit die darauf aus ist zu erobern und zu vernichten wenn das nicht klappt.

Es ist ein Thema das so auch schon in der Unbesiegbare anklingt. Fiasko erinnert vom Stil und von der Wucht auch an Asimov.

Fiasko ist ebenso umfangreich wie Solaris. Allerdings ist es nicht ganz so spannend. Es ist leider ziemlich pessimistisch was schon im Titel anklingt.

Darin geht es um einen misslungenen Erstkontakt zu einer außerirdischen Spezies. Der meisterhafte Kniff von Lem ist dabei, dass wir die Aliens sind und nicht die anderen.

Eine Expedition wird entsandt um eine fremde Zivilisation zu besuchen. Allerdings ist diese nicht nur so fremd, dass wir kaum Anknüpfungspunkte finden, sie vermeidet auch jeglichen Kontakt, sei es aus Angst oder Vorsicht.

Das lässt sich den Einheimischen des Exoplaneten auch nicht verdenken. Schließlich ist die Menschheit für ihre Aggressivität bekannt. Welche andere Spezies würde ihren eigenen Planeten zerstören?

Jedenfalls ist es nur nachvollziehbar sich dem Kontakt mit so einer kriegerischen Spezies entziehen zu wollen. Das klingt bei Lem so an. Wer also enthusiastische Science Fiction die vom erfolgreichen Erforschen des Alls ausgeht sucht wird bei Fiasko enttäuscht. Das ist volle Absicht.


Der futurologische Kongress

Ein ganz anderes Genre innerhalb der SF bedient Der Futurologische Kongress: Es ist eine herrlich überzogene Satire auf die postmoderne Gesellschaft.

Lem verspottete sie auf virtuose Weise. Trotzdem fiebern wir mit dem Protagonisten mit. Ich habe das Buch mehrmals gelesen, davon mindestens einmal im Original also auf polnisch. Die deutsche Übersetzung ist im Vergleich an einigen Stellen sogar noch besser als das Original.

Der Held ist nicht mal ein solcher. Er strauchelt geradezu von einem wahnwitzigen Abenteuer ins Nächste. Vom Regen in die Traufe ist noch stark untertrieben. Das Buch ist sehr kurz und unterhaltsam auf eine tiefsinnige Weise.

Der futurologische Kongress ist wie eine besonders witzige Version von Matrix – lange bevor der Film entstand. Es hat eine Scheinwelt zum Thema lange bevor der Begriff der Virtual Reality geprägt wurde.

Lem war mal wieder seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Das machte ihn zu so einem großartigen Science Fiction Autor. Der futurologische Kongress ist unbedingt zu empfehlen. Allerdings stören sich Einige an der Absurdität der Geschehnisse. Wer auf klassische SF steht ist vielleicht überfordert.


Rückkehr von den Sternen/Transfer

Eins meiner Lieblingsbücher von Lem ist auch Rückkehr von den Sternen. Der Roman wird in einigen Ausgaben auch als Transfer betitelt. Allerdings ist der etwas nichtssagende Titel auch unpassend.

Rückkehr von den Sternen ist die wörtliche Übersetzung des polnischen Originaltitels. Sie trifft den Kern des Romans auch nicht ganz, klingt aber ansprechender.

Rückkehr von den Sternen schildert virtuos die Entfremdung eines Astronauten der nach einem langen Raumflug eine Erde vorfindet die er so nicht wiedererkennt.

Es ist weniger eine Geschichte über das All als über das Zuhause. Ist es der Planet an sich oder schlicht das was wir kennen? Macht die Eroberung des Weltalls überhaupt Sinn?

Rückkehr von den Sternen ist auch eine „Schöne neue Welt“ Variation.

Der Protagonist hat sehr große Probleme sich in der Zukunft zurecht zu finden. Der Planet ist befriedet aber die Menschen sind auch gelangweilt, teilnahmslos, verängstigt von seiner schieren Anwesenheit.

Wir stellen uns zunehmend die Frage ob nicht unsere Laster – also auch Dinge wie Aggressivität oder die Fähigkeit zu töten – ihre Vorteil haben könnten. Gut und Böse verschieben sich im Laufe des Romans. Hat die Menschheit etwas Wesentliches eingebüßt als sie auf Gewalt verzichtete?

Ich habe Rückkehr von den Sternen nach etlichen Jahren erneut gelesen und das Meiste wieder vergessen gehabt. Es war erneut unheimlich spannend und aufwühlend.

Nicht zuletzt hat der Roman seinen Reiz darin, dass der Protagonist ein klassischer Held ist, der allerdings in die harmonische Zukunft nicht mehr hineinpasst. Es ist auch quasi eine Liebesgeschichte in einer Zeit die Leidenschaften und jegliche Gefahren ausgemerzt hat.


Lem Pflichtlektüre für Sci-Fi Fans

Diese 5 SF Romane sind also Pflichtlektüre für anspruchsvolle Science Fiction Fans und können als seine wichtigsten Werke betrachtet werden.

Das geht soweit, dass wir Der Futurologische Kongress damals in der Schule lesen durften. Ich las ihn später allerdings ein zweites (und drittes) Mal durch.

Über die Jahre habe ich fast alle Romane und Geschichten von Lem gelesen. Die allermeisten sind zu empfehlen. Nur einmal habe ich frustriert aufgegeben sofern ich mich recht erinnere.

Ich bin kein Fan von Kurzgeschichten, denn sie sind meist zu Ende bevor sie richtig angefangen haben und mangeln oft an Tiefe aber selbst diese sind bei Lem lesenswert. Die Sterntagebücher sind da besonders beliebt. Zuletzt las ich dann noch die Robotermärchen die ich lange verschmähte.